„Serbska Pratyja 2026“ in Striesow vorgestellt
Der jährlich vom Domowina-Verlag herausgegebene niederwendische Kalender „Serbska Pratyja“ hatte diesmal den Ort Striesow ausgewählt. Zur Präsentation waren Autoren und Mitwirkende ebenso erschienen, wie interessierte Bürgerinnen und Bürger. Die ehemalige Striesower Dorfschule – jetzt vom örtlichen Traditionsverein genutzt- erlebte an diesem Abend eine Art Wiederauflebung: Einige der älteren Besucher kannten die einklassige Schule noch von ihrer eigenen Schulzeit her, sie saßen schon vor vielen Jahrzehnten in diesem Raum. Die meisten jedoch erfuhren erst bei der Präsentation des Kalenders vieles aus der Geschichte der Schule und auch aus der Geschichte des Ortes.
Striesow ist ein Gemeindeteil von Dissen-Striesow (Dešno-Strjažow) und wird vom Amt Burg verwaltet. Kerstin Otto-Böttcher, die Vorsitzende des Striesower Traditionsvereins begrüßte die Besucher der Präsentationsveranstaltung und besonders die Lektorin Janka Pötschke de Levano sowie die Redakteurinnen Ingrid Hustädt und Martina Gollasch. Beide teilten sich die Vorstellung in einen abwechselnd in Deutsch und Niedersorbisch gehaltenen Vortrag. Beinahe wäre der deutschsprachige Teil gar nicht nötig gewesen, denn die übergroße Mehrheit der Besucher ist des Niedersorbischen mächtig, wie eine kurze Abfrage zu Beginn der Veranstaltung ergab.
Eine gutgemachte Chronik listet nicht nur Zahlen und Fakten auf, sondern geht auch auf größere und kleinere Episoden ein. Sie zeigt das Wirken der Menschen, ihre Sorgen und Nöte. Feuersbrünste und Hochwässer wechselten sich in den Jahrhunderten ab. Im „Dorfgedächtnis“ ist immer noch das verheerende Feuer von 1897 mit 18 betroffenen Höfen haften geblieben. Im selben Jahr wurde das Dorf neben der Feuersbrunst zusätzlich durch verheerende Hochwässer schwer geprüft. Diese Ereignisse und zahlreiche andere wurden von geschichtsinteressierten Einwohnern wie (Vorname?) Kuba zusammengetragen und mit historischen Fotos ergänzt.
Das Zurückdrängen der sorbischen Sprache nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde im Kalender ebenso dokumentiert, wie das langsame Wiederaufleben der niederwendischen Sprache und -kultur, besonders nach der politischen Wende. In kaum einem anderen Dorf haben die Hofstellen noch neben der obligatorischen Hausnummer den wendischen Namen auf einem Emailleschild zu stehen. Stolz sind die Striesower auf ihren Glockenturm, der einst den Tagesablauf bestimmte, vom Schulbeginn bis zum Abendgeläut. Ein Glockengeläut zwischen den angestammten Zeiten war besonderen Ereignissen gewidmet, von Hochzeiten bis Beerdigungen, von Feuer bis Hochwasser – und dem Kriegsbeginn am 1. September 1939, wie die Chronik berichtet.
Im Pratyja 2026 gibt es einen von Ingrid Hustädt bearbeiteten Teil, der sich besonders auf Kindheit und Jugend bezieht. Die Chronik ist somit nicht nur ein Rückblick, sondern wird mit diesem Tag zugleich der Dorfjugend „in die Hände gelegt“, denn sie sollen mit ihrem Dorf verbunden bleiben und zum Fortführen dessen angeregt werden, was ihre Eltern und Großeltern vorlebten und vorleben.
Peter Becker, 08.11.25













